Beispiel: Angst

Menschen mit starken Ängsten mussten in der Kindheit sehr häufig einen Angst machenden Umgangs- und Kontaktstil ertragen, z.B. emotionale Zurückweisung und Allein-gelassen-Werden. Dabei konnten oder durften sie ihrer Umgebung die daraus resultierende Angst nicht zeigen. Die Eltern, meist selbst in irgendeiner, wenn auch verborgener Weise von Angst betroffen, wurden dadurch, dass die Kinder ihre Angst nicht zeigten, vordergründig geschont und entlastet. Anderenfalls wären sie der Erziehung ihres Kindes selbst auch gar nicht gewachsen gewesen. Im späteren Erwachsenenalter äußern sich Angstsymptome typischerweise an einer Stelle und zu einer Zeit, an die sie anscheinend nicht hingehören (z.B. Angst vor engen Räumen, in Verkehrsmitteln oder Menschenmengen). Jedoch enthalten die Symptome eine Botschaft darüber, was ursprünglich, früher Angst gemacht hat. Hier zeigt sich z.B., dass die Angst, in ein belebtes Kaufhaus zu gehen, die kindliche Angst enthält, alleingelassen zu werden und dann schutzlos ausgeliefert zu sein. Aus Sicht der Hirnforschung bedeutet dies, dass zu einem aktuellen Reiz, der auch nur entfernt an eine frühere Situation erinnert, nun ein starkes Gefühl (Angst als Alarmsignal für den Körper) erzeugt wird. Ursprünglich gehörte dieses Angstsignal zwar zu einer anderen Situation, jedoch hat es sich – wie ein Unterprogramm im Computer – verselbständigt und wird nun an einen anderen Reiz „geheftet“. Dies erscheint den Betroffenen verständlicherweise oft sinnlos und verstärkt die Angst noch im Sinne eines Teufelskreises.

 

Vorgehen in der Therapie: Die augenblickliche Angst wird zunächst genau betrachtet (Wodurch wird die Angst stärker, wodurch schwächer?). Danach wird versucht, die ursprüngliche, „eigentliche“ Angstsituation aufzufinden. Wir betrachten, wie sich Abwandlungen der alten, angstmachenden Situation inner- und außerhalb der therapeutischen Beziehung wiederholen. Parallel werden aber auch Methoden vermittelt und gelernt, wie die momentane, starke Angst reguliert und abgebaut werden kann. Hierbei geht es um die Fähigkeit zur Spannungsregulierung und Spannungstoleranz, ebenso zur wachsenden Toleranz gegenüber den Schwankungen des Angstpegels.